Kaum zugelassen, will Struppi jeden abkassieren, der ohne zu fragen ein Gedicht von Kästner gegen den Krieg auf seine Internetseite stellt

Das darf man nämlich nun nicht mehr, ohne vorher fleißig Ahnenforschung betrieben und "Veröffentlichungsrechte" gekauft zu haben. Alle bösen Raubkopierer nerven ja nun spätestens seit der heldenhaften Missionsarbeit der vereinten Zivilisationstruppen im Heidenland unter dem Code "iraqui bushfire" ein Milliardenpublikum mit diesem überall im Internet gezeigten Gedicht bis zur absoluten Reizüberflutung. Da die erhofften Nebeneinkünfte des Rechte-Erben Thomas Kästner (den Struppi als Auftraggeber nennt) möglicherweise durch die Literaturpiraterie ausblieben und wohl erst beim nächsten Ölkrieg wieder über Abmahnungen an gefühlsduselige Pazifisten (= Urheberrechts-Ahnungslose) stabilisiert werden könnten, rettet Struppi nun offenbar dem Erben wenigstens vorerst das Existenzminimum.

Struppis Neuzulassung 2003 Bekanntgabedarf frei kopiert werden

Preis für ein Gedicht "Das letzte Kapitel": ca. 1200 Euro. Dazu kommen sicher noch ein paar Zuschläge, weil die Briefe mit der Abmahnung zumindest in einigen Fällen sehr knapp vor Ablauf der darin gesetzten Frist bei den "Veröffentlichern" eingingen. Interessant auch der angesetzte Streitwert, der zu ca. 600 Euro Gebühren laut Tarifliste führt. Bei Zahlung der Summe erhalten Sie das exklusive Recht:

  1. dieses Gedicht sofort von der Internetseite zu entfernen,
  2. am besten gestern gleich noch die genannte Gebühr an Anwalt und Erben zu entrichten
  3. sowie eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, die Ihnen aus technischen Gründen (nachwirkender Suchmaschinen-Cache) ziemlich sicher eine kleine Nachgebühr von 5000 Euro bescheren wird.
Soviel sollte Ihnen Ihr antiamerikanisches Gehabe im Internet schon wert sein - oder etwa nicht? Ärgert es Sie etwa, wenn Sie wegen der vorschriftsmäßigen Quellen- und Rechteforschung immer erst lange nach einem Ereignis Ihre Meinung dazu mit prominenten Sprüchen, Gedichten und Bildern würzen können?

Sehen Sieīs doch einfach einmal so:

Wenn Sie brav zahlen, dann fördern Sie erstens das Andenken an Erich Kästner, denn bei jedem Kontoauszug freut sich Erbe Thomas immer wieder über seinen berühmten Vorfahren.

Zweitens sorgen Sie mit Ihrer Akzeptanz der Abmahnung dafür, dass endlich der alte Literaturschrott nicht mehr das Internet verstopft. Genau genommen finanzieren Sie sogar das weitere Vorgehen des Anwalts Struppi gegen jeden zukünftigen Internetseitenbastler, der so ein hübsches Gedicht für seine aktuellpolitisch verqueren Ansichten missbrauchen will, ohne sich diese überhaupt leisten zu können.

Und drittens betreiben Sie Existenzgründerförderung. Handelt es sich doch bei neuzugelassenen Rechtsanwälten gerade in München um enorm unter Konkurrenzdruck leidende Anfänger (RA-Dichte 3 mal so hoch wie in Berlin). Wegen der absolut in den Keller gefallenen Anwaltspreise (und was sind schon 600 Euro netto für einen 6-seitigen Abmahn-Serienbrief incl. Porto) mußte irgendwann sogar der Gesetzgeber einschreiten und diese bedrohte Berufsgruppe bundesweit mit einer Mindestgebührentabelle schützen. Oder lag das doch an der fantastischen Anwaltsdichte im Parlament?
Wir denken gerade darüber nach, diesen Seitenpreis auf Bücher unseres Verlages anzuwenden. Dann müsste man nicht mehr so furchtbar viele davon verkaufen und könnte trotzdem gut leben, Internetseiten in freier Wahl kopieren, drohende Anwälte bezahlen. Unsere Autoren habe ich aber bisher leider noch nicht von der neuen Strategie überzeugen können. Die warten anscheinend erst noch ab, ob uns die Regierung den neuen Seitentarif auch in einer gesetzlich geschützten Mindestpreisliste auf dem Markt durchsetzen hilft.

Ob und warum Erich Kästner nun so ein unamerikanisches Gedicht verfasste, muß in dieser Sache hintenanstehen. Der Kerl ist schließlich schon tot. Er kann sich also gar nicht mehr freuen, wenn Sie sein Gedicht noch einmal aus der Versenkung holen und in genauso übler Absicht erneut ins öffentliche Bewusstsein hämmern wollen. Lassen Sie die Toten ruhen. Und deren Schriebs von Gestern auch! Genauso sollten Sie ihre Einstellung zur Welt überdenken, denn Sie merken ja wohl auch langsam, dass Sie hier immer noch an Vorkriegs-Ideologie festgehalten haben, nicht wahr?

Und überhaupt: Es kann nur einen geben! Die beste Lösung wäre also der Kauf von neuen Kästner-Werken - etwa von Thomas Kästner. Der lebt noch und hätte wirklich etwas von Ihrer Zustimmung. Der hat die richtige Einstellung zum Leben: Der erntet schon, wo andere sich noch mit stupider Feldarbeit ablenken lassen. Der greift zu und lässt sich auch nicht auf langes Federlesen beim Preisverhandeln ein. Weit wird erīs noch bringen!

Ein Kindertheater bekam trotz bisher 10000 Zuschauern von der Anwaltskanzlei Beisler/Struppler ein Aufführungsverbot für ein Kästnerstück, das auch durch Einsatz von Staatssekretären, Kulturausschussvorsitzenden, ... nicht wieder zurückgenommen wurde. Begründung: "Kästner bliebe in dem Stück in allen Punkten zu sehr auf der Strecke." Nun kommt er wohl viel besser, die Frage ist nur: Wo denn? In dem oben genannten Theater ist ja jetzt erst einmal zappenduster.

Erbe Thomas Kästner ist eventuell identisch mit einem Synchronisationssprecher für qualitatief aus der Masse herausragende US-Filme wie Bonanza, Akte X, ...
Ist da angesichts der direkten Verbindung von Thomas K. mit echtem Hollywood-Weltkulturerbe eventuell eine gewisse Motivation für die Bereinigung der Familiengeschichte anzunehmen? Passt der alte Kästner-Erich jetzt nicht mehr so gut in die Kaderakte? Vielleicht hat ja der Casting-Agent eines millionenschweren Anti-Terror-Filmprojektss für die nächste Sprechergage einige Voraussetzungen angedeutet? Thomas - halte durch! Die Amis drehen vor dem Systemcrash sicher noch eine Handvoll richtig gutbezahlte Filme. Sonst fährt ja schließlich kein Hänschenklein auf Abenteuerurlaub mit der Bundeswehr in die prickelnd feindliche weite Welt hinein. Dann wäre der Wehrpflichtersatz durch eine kampfeslustige Söldnertruppe ja total sinnlos!
Nach dem Crash ist - wie es im "letzten Kapitel" ja deutlich beschrieben wird - sowieso alles vorbei. Lebe den Tag! Rette die Familienehre! Das Pentagon sei mit Dir! Amen.


Und ob das Pentagon mit ihm ist. Inzwischen buddelt das US-Militär sogar schon mit Hitlistenplatz auf meinen Seiten herum. Seit vor wenigen Tagen meine Startseite auf Trauer für das totgemahnte Internet umgestellt wurde, haben wir aber 23-fache Zugriffsanteile für diese Startseite bei auf ein Mehrfaches des Tagesschnitts hochgeschnellter Gesamtzugriffszahl. Fast 5000 Zugriffe auf die neue Startseite in wenigen Tagen.
Vorher hatte die Startseite längst nie so viele Erstkontakte. Ist das jetzt auch schon ein Zeichen an der Wand? Schade nur, dass die großen Suchmaschinen inzwischen (anders als vor einigen Tagen) kaum noch Seiten mit den Worten Abmahnung Kästner Kapitel finden. Ich bitte alle Leser, das einmal auszuprobieren! Wurden die etwa auch schon abgemahnt oder ist nur mein PC manipuliert? Muss ich nun schon einen Nachruf aufs Internet schreiben?


Anmerkung: In unserer IHK-Zeitung FORUM fand ich ein von Experten geschätztes Datum für den Crash: 2018. Da bisher die IHK nicht gerade mit Miesmacherei auffiel und eher zu sehr die rosarote Brille aufhat, würde ich mich auf das Datum aber nicht allzu fest verlassen.